Promotionsprojekt: Neutralität vs. Subjektivität in der Audiodeskription - eine Rezeptionsstudie zur emotionalen und kognitiven Wirkung subjektiver Filmbeschreibungen bei blinden und sehbehinderten Nutzern (Arbeitstitel)
Abstract des Promotionsprojektes
Die Audiodeskription (AD) ist eine intersemiotische Übersetzungsmodalität, bei der die wichtigsten visuellen Komponenten eines Kunstwerkes oder anderer audiovisueller Medien durch verbale Elemente ersetzt werden. Dies ermöglicht u. a. blinden und sehbehinderten Menschen die Teilhabe an einem Film, aber auch an einem Theaterstück oder einer Oper, sowie dem Besuch von Museen und Ausstellungen. Bei einer Filmbeschreibung werden ebenfalls alle visuellen Eindrücke, die für das Verständnis der Handlung (und für das ästhetische Filmerlebnis) relevant sind, in Worte umgesetzt. Die meisten Richtlinien zur Audiodeskription, einschließlich die im deutschsprachigen Raum geltenden Vorschriften, betonen Neutralität als eine der Grundregeln der Filmbeschreibung, d.h. sie empfehlen, nur das zu beschreiben, was man sieht, um somit jegliche subjektiven Interpretationen der visuellen Botschaft zu vermeiden. Neuere Studien auf internationale Ebene legen jedoch nahe, dass Subjektivität nicht nur bereits in den meisten bestehenden Audiodeskriptionen vorhanden ist, sondern dass sie auch für die Konstruktion eines sinnvolleren Filmerlebnisses von Nutzen sein kann. Gerade bei besonders emotionsgeladenen Szenen oder bei bestimmten Filmgenres, wie z. B. dem Drama, berichteten blinde und sehbehinderte Menschen oft eine Präferenz für subjektivere Beschreibungen der Handlung, Charaktere und Schauplätze (z. B. durch die Verwendung von Metaphern oder einer komplexeren Syntax). Auch im Falle fremdsprachiger Filme wurden subjektive Beschreibungen von den primären Nutzern häufig bevorzugt, da sie zur besseren Übertragung von visuellen kulturspezifischen Elementen führen würden. Dies würde wiederum zu einem authentischeren Erlebnis, nicht nur des Films selbst, sondern auch der dargestellten fremden Kultur beitragen.
Bisher gibt es allerdings keine Erkenntnisse, die sich auf die emotionale und kognitive Auswirkung subjektiver Beschreibungen bei einem deutschsprachigen blinden und/oder sehbehinderten Publikum beziehen. Ziel der Arbeit ist deshalb, anhand einer Rezeptionsstudie und am Beispiel der deutschen Hörfilmfassung eines spanischsprachigen Filmes, das Spannungsverhältnis zwischen der vorgeschriebenen deskriptiven Funktion der Audiodeskription (Neutralität) und dem inhärenten narrativen Charakter des Spielfilms (Subjektivität) zu untersuchen. Dabei wird auch die Frage nach der Übertragung visueller, kulturspezifischer Elemente im Sprachenpaar Deutsch-Spanisch im Vordergrund der Arbeit stehen. Schließlich könnten die aus der Rezeptionsstudie gewonnenen Erfahrungen einen Beitrag zu einer künftigen Überarbeitung der deutschen Richtlinien im Hinblick auf das Neutralitätsgebot und zur Verbesserung der Qualität von Audiodeskriptionen insgesamt dienen.
Informationen zur Person
Seit 04/2021 | Promotionsstudium, FTSK Germersheim; Lehrkraft im Studienfach Spanisch, FTSK Germersheim |
Seit 08/2021 | Wissenschaftliche Hilfskraft, Rektoratsbüro der Universität Heidelberg |
10/2017 - 09/2020 | Masterstudium „Translation“ an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (FTSK); Sprachen: Spanisch, Deutsch, Englisch |
09/2016 - 03/2017 | Wissenschaftliche Hilfskraft, Institut für Angewandte Linguistik und Translatologie (IALT), Universität Leipzig |
09/2012 - 09/2016 | Bachelorstudium „Traducción e Interpretación” an der Universität Granada, Spanien; Sprachen: Spanisch, Deutsch, Russisch |
Forschungsaufenthalte und Stipendien
07 - 11/2018 | PROMOS-Stipendium für ein Auslandssemester an der Monash University, Melbourne, Australien |
Konferenzen, Tagungen und Workshops
Online-Weiterbildung „Audiodeskription: Die Kunst der Filmübersetzung“, Gutenberg Lehrkolleg/Bayerischer Rundfunk. 9. Oktober 2020, FTSK Germersheim.
Kurs „Deutsche Rechtssprache mit Zertifikatsprüfung“, Oktober-Dezember 2019, Internationale Sommerschule Germersheim, Germersheim (Zertifikat ausgestellt am 07.01.2020)
Kongress VIII Congreso Internacional de Lingüística Hispánica. 26.-29. September 2016. Institut für Angewandte Linguistik und Translatologie, Universität Leipzig, Leipzig.
Kongress X. Leipziger Internationaler Kongress zu Grundfragen der Translatologie. 12.-16. März 2017, Institut für Angewandte Linguistik und Translatologie, Universität Leipzig, Leipzig.